Bei der Stichwahl um die Präsidentschaft in Moldau deutet sich ein Sieg der pro-europäischen Kandidatin Maia Sandu an. Die ehemalige Regierungschefin kommt im Duell mit dem pro-russischen Amtsinhaber Igor Dodon laut offiziellen Angaben nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Wahlzettel auf 51,2 Prozent der Stimmen. Dodon steht demnach bei 48,67 Prozent. Die 48 Jahre alte Sandu hatte bereits in der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen vorn gelegen.
Die Wahlkommission habe zwar die Augen vor "unverhohlenen Verstößen" verschlossen, dennoch sei sie zuversichtlich, "dass die Stimme der Nation gehört wird", sagte Sandu nach Schließung der Wahllokale. Sie rief die Wähler dazu auf, in Ruhe auf das offizielle Wahlergebnis zu warten und "Provokationen zu vermeiden". Auch Dodon forderte seine Anhänger und die Unterstützer seiner Rivalin auf, Ruhe zu bewahren. Es müsse alles getan werden, um eine "Destabilisierung" zu verhindern, sagte er. "Ich bin ziemlich optimistisch, was die Ergebnisse betrifft", sagte Dodon trotz seines Rückstands. Am Freitag hatte er seine Anhänger dazu aufgerufen, auf die Straße zu gehen, wenn er das Gefühl habe, dass ihm die Wahl gestohlen worden sei.
Moldau ist gespalten in Befürworter einer EU-Annäherung und jene, die an engen Beziehungen zu Russland festhalten wollen. Moldau gilt als das ärmste Land Europas.
Stichwahl wie 2016 – mit einem anderen Ende?
Dodon und Sandu waren bereits vor vier Jahren gegeneinander angetreten. Die Entscheidung fiel damals ebenfalls erst in einer Stichwahl. Der Präsident sagte am Sonntag bei seiner Stimmabgabe, er stehe für "freundschaftliche Beziehungen zu unseren westlichen und östlichen Partnern". Sandu versprach, mit einer Annäherung an die EU die Wirtschaft aus der Krise holen zu wollen. Sie sagte in einem Wahllokal: "Ich habe für Veränderungen gestimmt." Zudem rief sie die Wahlhelfer auf, Fälschungen bei der Abstimmung zu verhindern.
Dodon ist seit 2016 Präsident der ehemaligen Sowjetrepublik. Er gilt als Verbündeter Moskaus. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vor der Wahl die Hoffnung geäußert, dass Dodon im Amt bleibt. Dieser hatte im Wahlkampf weiterhin enge Beziehungen zum "strategischen Partner" Moskau in Aussicht gestellt und dafür plädiert, Russisch zum Pflichtfach in den Schulen zu machen.
Sandu war 2019 für fünf Monate Ministerpräsidentin Moldaus. Im November stürzte die Regierung, von der Reformen erwartet worden waren, jedoch über ein von ihr erzwungenes Vertrauensvotum. Sollte Sandu nun die Prädientschaftswahl gewinnen, wird erwartet, dass sie vorgezogene Parlamentswahl anstrebt. Im Parlament haben die Sozialisten, Dodons ehemalige Partei, die Mehrheit.
Das Land steckt seit der Unabhängigkeit 1991 in einer Dauerkrise: Das Grenzland zur Ukraine östlich des Flusses Dnester hat sich als Transnistrien faktisch abgespalten. Dort hat Russland Truppen mit Uno-Mandat stationiert. Auch mit dem autonomen Gebiet Gagausien kommt es bisweilen zu Spannungen.
spiegel
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